Keine schutzwürdigen Interessen: Die Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis ist in den meisten Fällen rechtswidrig
Dass die moderne Technik immer wieder dazu verführt, die Grenzen des Zulässigen zu überschreiten, beschäftigt die Gerichte zuhauf. Das zeigt auch dieser Fall über die Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, der bis vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ging.
Die für den Fall relevante Zahnarztpraxis konnte ungehindert durch Öffnen der Eingangstür betreten werden. Deshalb brachte die Zahnärztin oberhalb des nicht besetzten Empfangstresens eine Videokamera an, um sich die aufgenommenen Bilder in Echtzeit auf Monitoren, die sich in den Behandlungszimmern befanden, ansehen zu können. Der zuständige Landesdatenschutzbeauftragte sah darin jedoch einen Verstoß gegen den Datenschutz und erließ einen entsprechenden Bescheid. Darin forderte er die Zahnärztin auf, die Videokamera so auszurichten, dass Patienten und Besucher nicht mehr erfasst würden. Gegen den Bescheid legte die Zahnärztin zuerst erfolglos Widerspruch ein und klagte dann – doch auch das vergeblich.
Das BVerwG stellte klar, dass hier zwar noch das alte Bundesdatenschutzgesetz vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung galt, doch bereits das verbot das Filmen. Danach war die Beobachtung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nur dann möglich, sofern sie erforderlich war. Schutzwürdige Interessen der Betroffenen durften dabei nicht überwiegen. Die Zahnärztin konnte hier nicht darlegen, dass sie für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen war. Insbesondere lagen keine Anhaltspunkte für Straftaten durch Besucher vor. Sie verlor den Rechtsstreit.
Hinweis: Eine Videoüberwachung der für Patienten und Besucher öffentlichen Räume einer Arztpraxis war und bleibt in der Regel rechtswidrig.Quelle: BVerwG, Urt. v. 27.03.2019 – 6 C 2.18
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(aus: Ausgabe 06/2019)